1. Blumenwohnung
1.1. Schwibbs und Funtje gehören zum Volk der Stäubler.
Stäubler wohnen in jeder Blume.
Habt ihr schon einmal in eine Blume hineingesehen? Nein? Dann schaut schnell nach! Da stehen nämlich die Stäubler drinnen! Und zwar in jeder Blüte! Sie sehen immer anders aus. Manche stehen in Reih und Glied, andere quer über einander, über ihre Stäublerspiralen stolpernd. Einige sitzen. Alle sind sie lustig bunt. Viele grün mit einem gelbem, oder rotem Hut auf dem Kopfe.
1.2. Und heute erzähle ich euch die Geschichte von Schwibbs und Funtje.
Sie sind noch klein und die Kinder von solchen Blumen. Weit voneinander entfernt wachsen sie auf. Schwibbs wohnt im tiefen grünen Erzwald und ist der Sohn einer Wolfsblüte. Und die Funtje ist die Tochter von Wanda, einer blauen Wildorchidee. Sie lebt in einem sauberen Blumentopf in der Steinstadt. Ihr Röckchen leuchtet in tiefem Blau. Und die Flügelchen sind zart wie der Blumenduft dieser Wanda. Das Niedlichste aber ist ihr Näschen. Keck und lustig reckt es sich der Sonne entgegen.
Schwibbs und Funtje sind glücklich und ohne Sorgen. Und das eine gute Zeit lang.
Eines Tages aber, wenn die Sonne unseren goldenen Horizont erreicht, dann werden die Winde die Stäublinge aus den Blüten pusten und ihnen die große weite Welt zeigen.
1.3. Schwibbs ist ein niedliches Kerlchen. Schaut euch sein Köpfchen an! Noch sind seine Stäublerhaare glatt und zart.
Aber wenn er groß ist, wird ihn ein lockiger Haarschopf zieren. Der Wind kann dort hineinpusten und unseren Schwibbs davontragen. Seine Füßchen sind anders als deine. Anstatt auf zwei Beinen, thront er auf einem Stiel, wie alle Stäubler. Damit holt er sein Blütenwasser aus der Mutterblume.
Schaut nur!
Jetzt gerade in diesem Moment schlürft er den süßen Nektar wie aus einem Strohhalm!
Und wenn er erwachsen ist, wird er auf seinem Stielchen wie auf einer Spirale durch die Blumenwelt hüpfen.
Hoch und federleicht.
1.4. Heute erlebte Schwibbs etwas Besonderes. Viele Ameisen erklommen seine Blüte! Die Wohnung duftete wie immer herrlich nach frischem Blütennektar. Und das lockte die Ameisen an. Sie waren hungrig auf diesen süßen Saft und liefen kreuz und quer. Kitzelten den Schwibbs an der Nase und traten ihn mit ihren kleinen Füßchen. Sie versuchten sogar, ihm seinen Nektar von den Lippen zu schlecken!
1.5. Über ihm wohnen die Glockenstäubler.
Ihre Kelche sehen aus wie große Trichter.
Eines Tages regnete es in Strömen. Der Eiswind, höher als der Mond, formte Kristalle aus seinem Eis. Es strömte und goss in Regenfontänen. Der Kelch eines Glockenstäublers füllte sich und schwankte bedenklich über unserem Schwibbs. Da donnerte das größte Eiskristall vom Himmel! Genau in den Kelch! Der kippte um und ergoss sein Eiswasser über Schwibbs! "Hiiilfe ich ertrinke", schrie er. In letzter Sekunde öffnete seine Wolfsblütenmutter den Spiralschlauch, damit das Regenwasser ablaufen konnte. Ein dicker Fliegerich eilte herbei und schlürfte den Rest aus
dem Wolfsblütenkelch.
Schwibbs war gerettet.
1.6. Währenddessen reckte sich die kleine Funtje und wischte sich den Schlaf aus den Augen.
Doch was war das!
Alles finster! Die Kleine schüttelte sich und rief laut nach ihrem Freund, den Marienkäfer. "Hiilfe!!!! Schieb schnell den schwarzen Tiegel weg von der Sonne", jammerte sie. Aber NEIN! Ein welkes Blatt war auf sie herab gefallen. Und verdeckte die helle liebliche Sonne. Der Käfer surrte und schob. Krabbelte und zerrte am Blatt. Kam ganz außer Atem! Bis dieses braune, welke Etwas endlich herunterfiel! Funtje war so glücklich. Und die Sonne lachte wieder.
1.7. Eines Tages bekam das Orchideenkind Besuch. Es war schon wunderschön und lieblich anzusehen. Man konnte bereits seine Flügelchen erkennen. Und ein Libellerich fühlte sich angelockt. Mit seinen spitzen glasklaren Krallen setzte er sich auf die Blüte. Und stach die Funtje aus Versehen in das Kleidchen! Ein Loch! So groß wie ein Tautropfen wurde hineingerissen! Der Libellerich machte sich davon, schon etwas traurig, weil er das zarte Kleid zerrissen hatte. Flink stellte Mutter Wanda einen Tropfen Honig bereit. Und flugs ward das Loch zugeklebt! Nichts Schlimmes war mehr zu sehen.
Der Schaden war glücklich behoben.